Das Wesen aus dem Wasser
Der Weg der Isenach-Nymphe vom Eichhaus über den Bauhof zurück an die Isenach
PROLOG
Die Isenach-Nymphe, 2014 von dem Dürkheimer Künstler Karl Seiter (1949-2021) im nahe gelegenen Eichhaus auf die Welt gebracht, wachte zehn Jahre lang über den kleinen Fluss inmitten der Stadt. Dann der „Sündenfall“, ein klarer Fall von Vandalismus. Der wirft zwar ein bezeichnendes Licht auf die zunehmende Verletzbarkeit von Kunst im Öffentlichen Raum. Ad acta gelegt ist die Leidensgeschichte der Nymphe damit aber nicht. Zeigt sie doch auch, wie sich dank unbürokratischer Zusammenarbeit selbst Schwergewichtiges bewegen und dank Material- und Kunstverstand auch Verletztes noch „heilen“ lässt.
VOM EICHHAUS AN DIE ISENACH
Die Nymphe von Karl Seiter ist ein Geschenk des Kunstvereins an die Stadt Bad Dürkheim angesichts der Renaturierung der Isenach. Mit ihr, unübersehbar weiblich, 1.60 Meter groß und aus Zement, wurde 2014 der Isenach eine Beschützerin und Wächterin zur Seite gestellt.
Entstanden ist die Nr. 11 auf dem „Weg der Verführung", dem Kunst-Parcours der Stadt („QuARTier stadt-kunst bad dürkheim), zwischen März und August 2014 im Eichhaus, dem damaligen Atelier Karl Seiters. Am 10.September 2014 fand sie wenige Meter weiter an der Isenach feierlich ihren vorbestimmten Platz.
© Fotos Heidi Gronegger
EINWEIHUNG AM 10. SEPTEMBER 2014
© Fotos Peter Nonnenmacher
VON DER ISENACH IN DEN BAUHOF
Was für ein verstörendes Jubiläum! Von einer Nacht auf die andere scheint selbst einer Halbgöttin wie der Isenach-Nymphe das Schicksal nicht mehr gnädig zu sein. Denn in einer Märznacht dieses Jahres hätte die Beschützerin des Gewässers, konfrontiert mit sinnloser Zerstörungswut, selbst Schutz gebraucht. Genau zehn Jahre nach ihrer „Geburt“ hatten bislang unbekannte Täter der Bach-Nymphe mit roher Gewalt den Garaus machen wollen. Bei dem Versuch, sie aus der Verankerung zu reißen und umzuwerfen, hätte die hilflose Najade fast ihren Kopf verloren.
Asyl gefunden hat die Attackierte im Bauhof der Stadt Bad Dürkheim. Sie wird innseitig stabilisiert, ihre Basis mit Beton verstärkt, mit einer neuen mittigen Verankerung versehen und vom starken Flechtenbefall befreit. Später werden engagierte Bauhof-Mitarbeiter die deutlich schwerer gewordene „Dame“ (300 Kilogramm) per Kran an ihren alten Stammplatz hieven und fest verankern. Durch die Attacke noch immer gezeichnet, wartet sie dort auf ihre fachgerechte „Restaurierung“.
© Fotos Heidi Gronegger
VOM BAUHOF ZURÜCK AN DIE ISENACH
Bei seiner Suche nach einer künstlerisch wie handwerklich versierten „Fachkompetenz“ in Sachen Feinbeton stieß der Kunstverein auf die Freischaffende Künstlerin Gabriele Köbler aus Haßloch.
Von Mitte Mai bis Mitte August füllt Gabriele Köbler je nach Wetterlage die Bruchstellen an Hals und Nahtstellen mit Feinbeton auf, komplettiert die ramponierte Nase, modelliert die abgebrochene Schelle am Fundament auf. Raue Oberflächen werden mühsam gespachtelt und geschliffen, dann mit Hydrogrund imprägniert. Mittels zementfarbiger Lasur verschwinden auch die Farbunterschiede. Während dieser Prozedur lässt sich die Nymphe unter ihrer schützenden Plastikverpackung zeitweise nur ahnen. Die spezielle Lasurmischung (Farbcode: „Nymphengrün"), sie greift die frühere Grünspanoptik auf, sowie ein zweifacher Firniss-Auftrag (Wetterbeständigkeit!) setzen dieser mitunter schweißtreibenden Hand-Arbeit Mitte August die Krone auf.
Bei der internen Dreck-weg-Aktion des Kunstvereins bekam die Nymphe dann auch ihr angemessenes Umfeld. Am Ende haben Stadt wie Kunstverein rund 2.000,- Euro investiert, um die Isenach-Nymphe wiederzubeleben.
© Fotos Heidi Gronegger
FAZIT
Was man bei der Isenach-Nymphe spätestens jetzt verstanden haben sollte: Nymphen haben zwar ein sehr langes Leben, sind aber im Gegensatz zu höheren Göttern sterblich. Ihre Macht liegt im Wasser, das sie beherrscht und schützt. Der „Tod“ einer Nymphe wie der an der Isenach ist daher im schlimmsten Fall auch mit dem Ende ihres Schutzobjekts verbunden. Ob sanft fließend, wild strudelnd oder gar zerstörend gehorcht das Wasser, die „Bach“, die Isenach ihrem Willen. Wird die Nymphe wieder zerstört, liebe Dürkheimer, dann wird es auch beim Stadtfest kein "Entenrennen" mehr geben.
IMPRESSIONEN
© Fotos Peter Nonnenmacher
Text: Heidi Gronegger
Fotos: Peter Nonnenmacher, Heidi Gronegger
Links:
Restaurierung: Gabriele Köbler - Haßloch
www.gabriele-koebler.de
Infos zum Bildhauer Karl Seiter:
https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Seiter