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Über uns

Einführungsreferat zur Gründung


AUFGABE UND KONZEPTION EINES KUNSTVEREINS
IN BAD DÜRKHEIM


Einführungsreferat anlässlich seiner Gründung am 14.10.1979
von Siegmund Crämer (Ehrenvorsitzender)

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren

Der Gedanke zur Gründung eines Kunstvereins in Bad Dürkheim geht schon seit Jahren um. Als 1973 die Offene Werkstatt gegründet wurde, war ich als damals verantwortliche Beigeordneter mit ihrem Leiter, Herrn Walter Graser, darüber einig, dass die Konzeption dieser Einrichtung nur dann voll verwirklicht werden könne, wenn sie von einer breiten bürgerschaftlichen Initiative getragen würde. Das war der Anfang!

In den folgenden Jahren haben wir in der Offenen Werkstatt immer wieder diskutiert, wie das organisatorisch zu machen sei. Konkreter wurde die Sache, als die Fraktion der SPD einen Arbeitskreis für Kultur bildete, in dem Bürger aller Richtungen und Schichten ihre Gedanken über Kulturarbeit in Bad Dürkheim diskutieren konnten. Fern von aller parteilichen Fixiertheit entwickelte sich hier schnell ein fruchtbarer Gedankenaustausch, bei dem man zu der Überzeugung kam, dass die Gründung eines Kunstvereins wohl der beste Weg sei, um bürgerschaftliche Initiativen im Bereich der Kunst zu sammeln und zu organisieren, um ihren Einfluß auf die Entwicklung der Kunstszene in Bad Dürkheim geltend machen zu können. Dieser Arbeitskreis hat schließlich die Ihnen vorliegende Satzung ausgearbeitet. Ihm kommt auch das historische Verdienst zu, den Ankauf des Hauses Catoir durch die Stadt Bad Dürkheim für Zwecke der kulturellen Arbeit entscheidend beeinflusst zu haben. Er hat endlich auch die Konzeption für dieses Haus erarbeitet, die Ihnen ebenfalls vorliegt. Die Mitarbeit an ihrer Verwirklichung sollte eine der zentralsten Aufgaben des Kunstvereines sein.
Eine weitere Ermutigung zur Gründung erfuhren wir durch zwei Interessentenlisten, die bei verschiedenen Ausstellungen ausgelegt wurden und sich schnell mit über 100 Unterschriften füllten.

In der letzten Zeit haben dann immer wieder Bürger ungeduldig nach dem Gründungstermin gefragt. Darum haben wir uns endlich ein Herz gefasst und diesen Abend schlecht und recht vorbereitet. Aber es wurden auch Stimmen der Skepsis laut. Sie meinten, dass unsere Stadt zu klein sei für einen Kunstverein. Nicht nur deswegen bedarf die Gründung heute Abend auch der Be-Gründung.
Kunstvereine haben in Deutschland eine lange Tradition. Schon 1787 entstand die Zürcher Kunstgesellschaft, 1792 der Verein für Kunst und Kunstfreunde in Nürnberg. Der Name "Kunstverein" taucht erstmals 1814 in Berlin und dann 1818 in Karlsruhe auf.

Dann breitete sich diese Bewegung schnell über ganz Deutschland aus. Auch in Bad Dürkheim entstand um die Jahrhundertwende ein Kunstverein, wie Herr Ruppertsberger in der Rheinpfalz berichtete. Er ging jedoch in den Wirren des 1. Weltkrieges unter, ohne je eine sehr große Bedeutung im Verhältnis zu anderen Vereinen, etwa der Pollichia erlangt zu haben. Diese Erfahrung ermutigt nicht zur Neugründung. Sie wird verstärkt durch die Feststellung des Großen Brockhaus, dass die Kunstvereine zwar im 19. Jahrhundert das bürgerliche Bildungsleben entscheidend beeinflusst und sehr zur Förderung der Kunsterziehung und Kunstpflege beigetragen hätten, ihre Bedeutung im 20. Jahrhundert jedoch zurückgegangen sei.

Sollen wir uns also für eine antiquierte Sache engagieren? Ich meine, dass sie so antiquiert nicht ist, wenn man die Rolle der Kunst in unserer heutigen Gesellschaft nur zeitgemäß definiert.

Das Verhältnis des Bürgers zur Kunst und Kultur war im 19. Jahrhundert geprägt von seinem historischen Sieg über das Feudalsystem. Der Bürger umgab sich mit Kunst und pflegte das Mäzenatentum u.a. als ein Mittel zur Darstellung seines erwachten Selbstbewusstseins.

Die Kunstvereine wurden ihm zu Instrumenten dieser Selbstdarstellung. Ihre Aufgaben umreißt der Große Brockhaus wie folgt: "Vermittlung zwischen der bürgerlichen Gesellschaft und dem Künstler, Organisation periodischer Ausstellungen, Einrichtung öffentlicher Kunstsammlungen, Ankauf von Kunstwerken zur Verlosung unter den Mitgliedern, Verbreitung von Druckgrafik, Veranstaltung von Vorträgen, Herausgabe von Veröffentlichungen, Vergabe von künstlerischen Aufträgen, Finanzierung öffentlicher Gebäude". Große Aufgaben wurden oft glänzend gemeistert.

Können wir daran heute noch so ohne weiteres anknüpfen? Ich glaube nicht! Der schier grenzenlose Bildungsoptimismus der damaligen Zeit ist verflogen, und auch das Verhältnis von Gesellschaft und Kunst hat sich geändert.
Was ist geschehen? Die Mittel des bürgerlichen Sieges, die industrielle Revolution und das sie begleitende rationale Zweckdenken, haben inzwischen die Welt in einer Weise verändert, wie es sich die Bürger des 19. Jahrhunderts noch nicht vorstellen konnten. Das ist nicht ohne Auswirkung auf das Verhältnis von Gesellschaft und Kunst geblieben, wie es ja überhaupt tief in das Selbstverständnis des Menschen eingegriffen hat. Ich Muss daher, so kurz wie möglich auf die für unser Thema wichtigen Merkmale unserer modernen Industriegesellschaft eingehen.

Mitscherlich hat die technische Zivilisation, die uns heute umgibt, eine Art Quasinatur genannt, hinter der die Natur selbst mehr und mehr verschwindet. Natur steht hier für eine Welt, die dem Menschen unmittelbar zugänglich ist, d.h. von ihm selbst als praktisch gestaltbar, emotional erlebbar und rational erschließbar empfunden werden kann. Für das Selbstverständnis des Menschen sind das entscheidende Erfahrungen. Sie weckten u.a. Selbstvertrauen, Selbstsicherheit und eine aktive Neugierde an der Welt.
In der Industriegesellschaft ist dieses einfache, direkte Mensch-Welt-Verhältnis unterbrochen. In ihr schiebt sich zwischen Mensch und Welt mehr und mehr ein technologischadministrativer Apparat, der in jeden Lebensbereich hineinwuchert.

Er ist charakterisiert durch wachsende Komplexität, Differenziertheit und Kompliziertheit, Unübersichtlichkeit, Abstraktheit und Anonymität.

Der Mensch kann sich im Apparat fast nur noch mit den Mitteln der Ration behaupten, an die immer höhere Anforderungen gestellt werden, wodurch die Zahl derer wächst, die diesen Ansprüchen nicht mehr genügen können. Emotionales wird einerseits als Störfaktor empfunden, weil es den reibungslosen Ablauf der Funktion beeinträchtigt, andererseits können Gefühle wie Zorn, Dankbarkeit, Liebe und Verehrung keinen Bezugspunkt in der Anonymität des Apparates finden. Wie könnte man z.B. wohl gegenüber der LVA Gefühle der Dankbarkeit entwickeln und ein entsprechendes Echo erwarten? Wir wissen aber aus der Lernpsychologie, dass Nichtverstärktes gelöscht wird.

Schließlich ist das operative Einwirken des Menschen auf die Welt, also sein Handeln, in dem sich alle seine Eigenschaften und Fähigkeiten vereinen, heute nur noch möglich durch das Einfügen in den Apparat, indem er fremdbestimmte Teilfunktionen übernimmt, die ihn häufig nicht einmal mehr den Zweck seines Tuns erkennen lassen. Dadurch schwindet die Einsicht in den Ursache- Wirkungszusammenhang und damit u.a. die Motivation zum Handeln, zur Übernahme von Verantwortung usw.
Die Man-Welt ist ein Riese, die Ich-Welt ist ein Zwerg, nur wenige bewegen sich darin wie Goliath oder das Tapfere Schneiderlein", sagt Mitscherlich.

Der Rückzug in eine private Sphäre ist die resignative Antwort vieler Menschen auf eine Welt, die sich ihrem gestaltenden Zugriff entzieht. Die Soziologen sprechen von Entfremdung. Seemann beschreibt diesen Begriff mit folgenden Kategorien: Machtlosigkeit, Bedeutungslosigkeit, Normenlosigkeit, soziale Isolierung und Selbstentfremdung. Es sollte uns zu denken geben, dass heute die gleichen Begriffe zur Beschreibung des Selbstverständnisses der Insassen von psychiatrischen Anstalten benutzt werden.

Was hat das nun alles mit der Gründung eines Kunstvereines zu tun? Nun, wir müssen seine Aufgaben definieren, und das ist nicht möglich, ohne dass wir uns um eine Antwort auf die für den Menschen der Industriewelt entstandenen Probleme bemühen, hier eine Antwort der Kunst.
Kunst und Kultur als reine Geistigkeit, geschieden von der Realität unseres Lebens, wie sie im idealistisch geprägten bürgerlichen Kunstverständnis verbreitet war, kann allenfalls noch als ein Mittel der Flucht aus der Wirklichkeit dienen. Sie steht in der Gefahr, zur bloßen Dekoration einer Welt zu werden, die mit ihr eigentlich nichts mehr zu tun hat. Dieser dekorative Charakter (Kunst am Bau) zeigt sich heute u.a. in der Funktion der Kunst als Statussymbol für eine Elite oder Pseudoelite, die im "geschmäcklerischen Dabeiseinwollen", wie es Meissner bissig nennt, rezeptiv-passiv Kunst konsumiert und Kunstwerke als Kapitalanlage sammelt. In dieser Ausschließlichkeit formuliert, ist das gewiss eine Übertreibung, die Tendenz jedoch ist überall sichtbar.
Aber gerade Marcuse, der mit dem bürgerlichen Kunstverständnis so kritisch ins Gericht ging, hat auf die Unzerstörbarkeit der kritischen Kraft des Ästhetischen in der bürgerlichen Kultur hingewiesen, die in der "Beschwörung des Bildes einer besseren Welt" emanzipatorisches Potential entwickelt hat.

Damit wird die Erwartung deutlich, die sich an ein Kunstverständnis richtet, das sich den Aufgaben unserer Tage stellt: Kunst als Medium und kritisches Movens zum Entwurf einer humanen Gesellschaft. Es geht in der Tat um Mobilisierung humaner Gegenkräfte, der Selbstbehauptungskräfte des Menschen gegenüber einer technischen Zivilisation, die im Begriff ist, das Maß des Humanen zu verlieren.

Angewandte, in den Alltag der Menschen hineingeholte Kunst ist dazu ein wichtiges Mittel. Sie wird in dieser Rolle keineswegs als Mittel zum Zweck degradiert, sondern wird in ihr selbst wieder lebendig, weil sie der Behauptung des Lebendigen dient.
Dieter Sauberzweig hat auf den Deutschen Städtetagen 1973 und 1974, die bezeichnenderweise unter den Themen "Wege zur menschlichen Stadt" und "Rettet unsere Städte jetzt", die Rolle einer so verstandenen Kunst im Aufgabenbereich der Kommunalpolitik programmatisch Umrissen: "Kultur als Soziokultur" versteht Kunst als "Medium zur Verständigung und Kommunikation" und strebt deshalb die "aktive Beteiligung eines breiten Publikums" an. Kunst soll die "Isoliertheit und Barrieren abbauen" und der "Entfaltung und Förderung der sozialen, kommunikativen und ästhetischen Möglichkeiten und Bedürfnisse aller Bürger" dienen.
Dazu ist es nötig, dass die Kunst einen neuen Stellenwert gegenüber anderen Bildungsgütern erhält. Praktisch bedeutet das, dass Kunst in allen Erscheinungsformen als Sprache, Klang, Farbe, in Geste und Bewegung, in Bild und Form dem Menschen zur unmittelbaren Teilhabe zugänglich gemacht werden muss.

Die Grundform dieser Teilhabe ist das Spiel, das spielende Tun. In ihm kann der Mensch die Begegnung mit der Kunst unter dem Aspekt der Leistung und Lernzielerfüllung hinter sich lassen, die Barrieren rezeptiven Verhaltens und reproduktiven Nachahmens überwinden und sich unmittelbar der Erfahrung des Ästhetischen öffnen. Im spielenden Umgang mit der Welt als ein zweckfreies, aber nicht zweckloses Tätigsein "erweitert sich die Wirklichkeit um die Dimension des Möglichen" (Meissner). Dabei können die Perspektiven eines humanen Weltentwurfes Gestalt gewinnen.

Rückholung der Kunst ins Leben bedeutet auch Wiedergewinnung ihrer sozialen Dimension. In der spielenden Teilhabe wird Kunst wieder zum Kommunikationsmittel, in dem sich Isolierungen auflösen und zwischenmenschliche Kontakte humanisieren können. Kunst erhält dadurch wieder einen sozialen Gebrauchswert, den sie früher unbestreitbar in hohem Maße hatte.
Schließlich entwickelt ein solcher Umfang mit der Kunst auch die Phantasie und Kreativität, ohne die wir die Wirklichkeit nicht durchschauen und meistern können. Gerade die Kreativität ist in der Industriegesellschaft in Gefahr. Wir sollten uns da nicht irritieren lassen: Was heute unter dem Begriff Kreativitätstraining schon unseren Kleinkindern angeboten und aufgenötigt wird, ist vielfach nichts anderes als der psychologisch raffiniert getarnte Versuch, den Menschen so früh und so total wie möglich auf ökonomisch verwertbare Verhaltensweisen zu trainieren. Hier ist schon das Wort Training entlarvend. Unsere ganze heutige Bildungskonzeption mit ihren Lernzielformulierungen ist im Grunde nichts anderes.

Auf diesem Wege sind wir dabei, unsere Kinder zu vergreisen. Nichts und niemanden lässt man heute mehr in Ruhe.
Wahre Kreativität hat etwas mit Freiheit, Souveränität und Individualität zu tun. Damit sie sich entwickeln kann, brauchen wir die zweckfreien Räume, aus denen sich der Widerstand des Humanen gegen die Bedrohung durch den totalen Zweck entfalten kann. Hier hat die Kunst ihren durch nichts zu ersetzenden Platz.

Dazu aber muss sie von ihrem hehren Sockel herunter, aus dem Elfenbeinturm heraus unter die Menschen, damit sie möglichst vielen ein selbstverständlicher Bestandteil ihres Lebens wird. Die erste Aufgabe unseres Kunstvereines sollte es darum sein, Kunst in allen ihren Formen in unmittelbaren Kontakt mit möglichst vielen Menschen unserer Stadt zu bringen. Die traditionellen Formen der Arbeit von Kunstvereinen können dazu ebenso beitragen wie neuzeitliche, nur eines sollte klar sein: Die Begegnung mit der Kunst sollte primär in einem eigenen Tätigsein erfolgen.

Nun sind die Freiräume keine abstrakten Gebilde. So sehr sie auch dem Geiste verbunden sind, so haben sie doch auch ihre realen Seiten wie Mauern und Dächer, und das kostet Geld. Mit diesem Einwand sind wir jedoch nicht in die Enge zu treiben.
Vor Ihnen liegt ein Entwurf unseres Arbeitskreises für die Einrichtung und Arbeitsweise des Hauses Catoir als kulturellen Treffpunkt. Mit diesem Hause ist unserer Stadt ein einmaliges Geschenk zuteil geworden, das es zu nutzen gilt. Es bietet uns eine einmalige Chance, die hier vorgetragenen Ideen in Praxis umzusetzen.

In diesem alten Gutshaus im Zentrum der Stadt, dessen Gebäude sich um einen großen Innenhof gruppieren, sollen sich folgende kulturelle Einrichtungen vereinen: das Heimatmuseum, die Stadtbücherei, erweitert um eine Musikbücherei, die Musikschule mit einigen Übungsräumen, die Offene Werkstatt, sowie ein wunderschöner, intimer Raum für Konzerte, Theater und Dichterlesungen im ehemaligen Kelterhaus, das durch Öffnen des großen Tores um den ganzen Hof erweitert werden kann. Im Hof soll schließlich ein Brennofen stehen, in dem die in der Werkstatt hergestellte Keramik im Holzfeuer gebrannt werden kann, ein Verfahren, das es weit und breit nicht mehr gibt. Verbunden ist das alles durch eine Weinstube im ehemaligen Weinkeller sowie einer Teestube und einem Jazzkeller für die Jugend. Gerade an diesem Miteinander von Kunst und Geselligkeit wird deutlich, was wir unter dem Hereinholen der Kunst in den Alltag verstehen. Diese Nachbarschaft macht Geselligkeit kultivierter und die Kunst geselliger, und sie hilft vor allem, die Barrieren abzubauen, die viele Menschen daran hindert, sich der Kunst zu nähern.

Wer beim Einkauf den Hof überquert, Bücher holt oder die Weinstube aufsucht, wird irgendwann auch einmal neugierig auf das, was da normale Menschen in der Werkstatt machen, er wird neugierig werden, wenn sich beim Brennen der Keramik im Hofe zwanglose Geselligkeit ausbreitet und sich irgendwann auch einmal an einem Sommerabend im Hof dazusetzen, wenn ein Konzert stattfindet und das große Tor zur Römerstraße weit geöffnet dazu auffordert. Und irgendwann einmal werden die Aktivitäten in diesem Hause auf die Straße und den Stadtplatz dringen in Form von Straßentheater, Musikaufführungen oder Tam- Tam, wie es ja die Offene Werkstatt und Musikschule im Kurpark schon erfolgreich praktiziert haben. Welche Möglichkeiten sich da bieten, hat die 1200-Jahrfeier uns nachhaltig vor Augen geführt.

Aber auch die traditionellen Arbeitsformen des Kunstvereines, wie Ausstellungen und Förderung von Künstlern, lassen sich in diesem Hause auf einmalige Weise verwirklichen. Wenn die Bürger selber Kunst schaffen, gibt es sehr viel auszustellen, was durchaus sehenswert ist. Das kostet nicht viel. Das kann in der Tee- und Weinstube, in der Bücherei geschehen, aber auch in den Wartezimmern der Ärzte und an anderen Orten. Sogar im Vorzimmer des Bürgermeisters wäre dazu Platz.

Und die Förderung der Künstler? Wollen wir Kunst ohne Künstler, den Dilettantismus zum Maßstab unserer Arbeit machen? Keineswegs! Eine solche Arbeit kann ohne Künstler nicht geleistet werden. Hier bietet die Idee von Walter Graser eine einmalige Lösung. Er kennt aus eigener Erfahrung die Nöte junger Künstler, wenn sie die Akademie verlassen und den Start in den Alltag suchen. Sein Vorschlag: Ausgesuchte Künstler erhalten kostenlose Wohnung und Atelier und arbeiten dafür ebenso kostenlos eine angemessene Zeit in der Offenen Werkstatt als Kunsterzieher. Ihre Unterbringung könnte in dem alten, bauhistorisch jedoch sehr wertvollen Gebäudekomplex erfolgen, in dem jetzt noch die Offene Werkstatt ist. Damit wäre folgendes zu erreichen:

Eine kontinuierliche, qualifizierte personelle Betreuung der Offenen Werkstatt bei gleichzeitig breit gefächertem kunstpädagogischem Angebot.

Eine attraktive Nutzung der alten Gebäude an der Schlosskirche durch die Künstler, die schon aus eigenem Interesse den gesamten Komplex und die sehr malerische Gasse zu einem originellen Künstlerzentrum umfunktionieren könnten, das sowohl ihrer Selbstdarstellung als auch dem Verkauf ihrer Kunstwerke dienen könnte.

Von diesem Gebäude und der Gasse dürfte bei der vorgeschlagenen Verwendung auch ein Impuls für die Erhaltung und Restaurierung der benachbarten Bausubstanz ausgehen, die für das Stadtbild von unermesslichem Wert ist. Für die Kurstadt dürfte diese Einrichtung von großer Bedeutung sein, denn sie schafft der Stadt eine einmalige Originalität auf dem Gebiet der Kunst.
Nun bleibt immer noch die Frage, was der Kunstverein dabei soll? Der Träger dieser Einrichtungen ist, zumindest einstweilen, die Stadt. Unsere Stadtväter werden gewichtige Entscheidungen fällen müssen und unsere Verwaltung wird viele zusätzliche Arbeit erhalten. Aber das Leben in diesen Häusern selbst, die Aktivierung der Bevölkerung, die Betreuung der Künstler, das alles kann nur von den Bürgern selbst geleistet werden. Das aber muss organisiert werden, da müssen Impulse gegeben und Richtungen festgelegt werden. Das aber kann nur durch einen Verein geleistet werden. Das ist zunächst nicht einmal eine Frage des Geldes, sondern der Initiativen und Ideen. Schon der Kauf des Hauses Catoir für diesen Zweck wäre kaum zustande gekommen, ohne den Arbeitskreis Kultur der SPD, deren Mitglieder vorwiegend aus den Besuchern der Offenen Werkstatt zusammenkamen.

Das beweist die Möglichkeiten. Was kann da erst ein organisierter und autorisierter Verein zuwege bringen, der als Partner der Stadtverwaltung voll aktiv werden kann?! Schon bei der Planung, die, wie ich höre, in Form eines Architektenwettbewerbes erfolgen soll, könnte und müsste der Verein mitwirken.

Damit die Vereinsarbeit eine breite Basis hat, haben wir in unserer Satzung vier Arbeitskreise eingebaut, die mit Sitz und Stimme im Vorstand vertreten sind. Sie sollen das Sammelbecken für alle aktiven Bürger sein. Hier sollen die Ideen wachsen und die Aktivitäten organisiert werden. Sie werden das Herzstück des Vereines sein. Es ist hohe Zeit, an die Arbeit zu gehen. 


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